Kurzsichtigkeit (Myopie) bei Schülern erkennen und managen – Das sollten Eltern wissen

Schüler nebeneinander sitzend mit Smartphones in der Hand

Kurzsichtigkeit, medizinisch Myopie, macht sich bei Kindern häufig im Schulalter bemerkbar. Um in der Ferne wieder scharf sehen zu können, sind sie auf Brille oder Kontaktlinsen angewiesen. Was viele Eltern nicht wissen: Je höher die Kurzsichtigkeit (Myopie), desto größer ist das Risiko für degenerative Augen­erkran­kungen im Erwachsen­enalter wie z.B. Netzhautablösung, Makulaerkrankungen, grauen oder grünen Star. Die gute Nachricht: Kurzsichtigkeit bei Kindern lässt sich oft verhindern oder bremsen. Unser leitender Operateur, Prof. Dr. Hakan Kaymak hat ein altersangepasstes Vorsorgekonzept (AMMC) entwickelt. Nutzen Sie es, um die Sehkraft Ihres Kindes zu schützen.

In welchem Alter entsteht Kurzsichtigkeit bei Kindern?

Mit ca. 6 Jahren sind die meisten Kinder noch normalsichtig oder leicht weitsichtig. Bei 90 Prozent der kurzsichtigen Kinder tritt die Kurzsichtigkeit nach dem Schulbeginn auf, meist zwischen dem 8. und 15. Lebensjahr, deshalb spricht man auch von Schulmyopie. Im Durchschnitt erreicht sie Werte von -3 bis -6 dpt im Erwachsenenalter. Je früher die Kurzsichtigkeit beginnt, desto höher sind meist die Werte mit ca. 20 Jahren, wenn in der Regel ein fester Wert erreicht ist.

Spezialist für dieses Thema

Portraitfoto von Prof. Dr. Hakan Kaymak, Focus-Top-Mediziner

Prof. Dr. Hakan Kaymak, Focus-Top-Mediziner

Augenarzt, Augenchirurg und leitender Operateur

Prof. Dr. Hakan Kaymak ist leitender Operateur der Breyer, Kaymak & Klabe Augenchirurgie für Netzhaut-, Makula- und Glaskörperchirurgie sowie Leiter unseres Makula-Netzhaut-Zentrums. Sein Therapiespektrum umfasst Laser­behand­lungen, innovative Kombinations­therapien, minimalinvasive Operationen sowie die Vorsorge und Behandlung von Myopie bei Kindern. Seit 2022 ist er Focus-Top-Mediziner für Netzhaut­erkrankungen, Diabetes & Auge sowie für Refraktive Chirurgie und Katarakt.

Was hat Kurzsichtigkeit (Myopie) mit dem Längenwachstum des Auges zu tun?

Die fortschreitende Kurzsichtigkeit wird durch ein verstärktes Längenwachstum des Augapfels verursacht, bis das Auge schließlich zu lang wird. Dadurch liegt der Brennpunkt des Lichtes nicht genau auf der Netzhaut, sondern davor. Eine Verlängerung des Auges um einen Millimeter – von 24 auf 25 mm – erzeugt ca. 2,7 Dioptrien (dpt) Kurzsichtigkeit.

Bei einem zu langen Augapfel sind die einzelnen Schichten des hinteren Augenabschnittes – die Lederhaut, die Aderhaut und die Netzhaut mit dem Pigmentepithel – je nach Achsenlänge mehr oder weniger stark gedehnt, bei hoher Myopie sind manche Stellen sogar dünner und werden nicht mehr richtig durchblutet.

Je höher die Kurzsichtigkeit desto größer die Gefahr einer späteren Sehbehinderung

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Welche Spätfolgen hat Kurzsichtigkeit?

Von starker Kurzsichtigkeit spricht man ab einer Achsenlänge von ≥ 25,5 mm. Sie ist eng verbunden mit verschiedenen Sekundärerkrankungen. Insbesondere das Risiko einer myopen Makuladegeneration oder einer Netzhautablösung nimmt mit dem Grad der Achsen­myopie zu. Das Risiko einer Netzhautablösung ist bei Augen mit einer milden Myopie von –1 bis –3 dpt etwa 4,5-mal so hoch, bei über –3 bis –6 dpt sogar 10-mal so hoch wie bei normalsichtigen Menschen. Das Risiko, einen grünen Star (Glaukom) zu entwickeln ist sogar bis zu 14-fach erhöht. Kurzsichtige Menschen, deren Werte zwischen -10 und -15 dpt liegen, haben bereits ab dem 65. Lebensjahr ein deutlich erhöhtes Risiko. Bei Werten von mehr als -15 dpt liegt die Gefahr einer myopiebedingten Sehbehinderung im Laufe des Lebens bei fast 80 Prozent.

„Mit dem Grad der übermäßigen Dehnung des hinteren Augenpols im myopen Auge steigt das individuelle Risiko einer sekundären schwerwiegenden Augenerkrankung wie z.B. grauer Star, grüner Star oder Netzhautablösung.“

Prof. Dr. Hakan Kaymak
Mutter mit Kind an der Hand

Welche Kinder sind gefährdet?

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Warum werden immer mehr Kinder kurzsichtig?

Kinder, deren Eltern beide kurzsichtig sind, haben ein 60-prozentiges Risiko ebenfalls kurzsichtig zu werden. [2] Dennoch ist Kurzsichtigkeit nicht allein auf genetische Veranlagung zurückzuführen. Einer der Spezialisten auf dem Gebiet ist Prof. Dr. rer. nat. Frank Schaeffel, Leiter der Sektion Neurobiologie des Auges am Institute of the Eye des Universitätsklinikums Tübingen.

Seinen Studien zufolge, für die ihm 2012 der Europäische Sehforschungspreis verliehen wurde, wirken sich neben einer genetischen Veranlagung auch Umweltfaktoren wie Bildung, Beruf und Freizeitgestaltung auf die Entwicklung von Kurzsichtigkeit aus, weil die Abstimmung des Längenwachstums des Augapfels ein regelkreisgesteuerter Prozess ist.

Ist Kurzsichtigkeit heilbar? Was Eltern tun können

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Was können Eltern tun, deren Kind besonders gefährdet ist?

Ist der Augapfel einmal zu lang, schrumpft er nicht wieder. Kurzsichtigkeit kann jedoch in einem gewissen Umfang eingedämmt werden. Studien haben gezeigt, dass Kinder seltener kurzsichtig werden, je mehr sie im Freien spielen, am besten zwei Stunden täglich.

Auch ein Leseabstand von mindestens 30 cm oder mehr ist vorteilhaft sowie eine Brille, die den äußeren Bereich nicht mit korrigiert.[1] Schreitet die Kurzsichtigkeit schon früh voran, bietet Prof. Dr. Kaymak unserer jungen Patienten jetzt eine neue Therapie mit dem MiYOSMART Brillenglas oder mit sehr gering dosierten Atropin-Augentropfen, um die Sehverschlechterung aufzuhalten.


„Kinder, bei denen erstmals eine Kurzsichtigkeit diagnostiziert wird, sollten täglich mehr als zwei Stunden draußen sein.“

Prof. Dr. Hakan Kaymak

Wann sollte mit der Myopiebehandlung begonnen werden?

Diese Frage kann anhand der Messung der Achsenlänge des Auges beurteilt werden. Wenn bei der Erstuntersuchung die Achsenlänge eines Auges größer ist als die durchschnittliche Achsenlänge einer altersgleichen Gruppe von Kindern, die weiterhin normalsichtig sind, sollte eine Myopietherapie in Erwägung gezogen werden. Diese Erstuntersuchung zur Einleitung einer Therapie kann mit der EyeSuite Myopia von Haag-Streit durchgeführt werden.

Das Wachstumsmuster normalsichtiger Augen entspricht dem physiologischen Wachstum des Auges. Folgt das axiale Wachstum des Auges eines Kindes genau dieser Wachstumskurve, wird das Auge emmetrop bleiben oder werden. Im Gegensatz dazu wird die fortschreitende Myopie durch ein verstärktes Augenwachstum verursacht, bei dem das Auge schließlich zu lang wird, so dass die Netzhaut keine scharfen Bilder von weit entfernten Objekten mehr abbilden kann.

Das Konzept der altersangepassten Myopiekontrolle

Prof. Kaymak und sein Team gehen davon aus, dass die Wachstumsrate von Myopen höher ist als das zugrunde liegende physiologische Wachstum von normalsichtigen Kindern. Sie definieren daher das physiologische Wachstum als Therapieziel für die Behandlung der Myopie. Dieses Konzept nennt sich „Age-Matched Myopia Control“ (AMMC) was soviel bedeutet wie altersangepasste Myopiekontrolle.

Um es ganz einfach anwenden zu können, haben sie mit der Fa. Haag-Streit eine Software für ein Biometer entwickelt, mit dem das Augenlängenwachstum eines Kinders mit den normativen Werten eines durchschnittlichen normalsichtigen Kindes desselben Alters in Beziehung gesetzt werden kann. Je mehr sich die individuellen Wachstumskurven kurzsichtiger Kinder dieser Kurve nähern, desto erfolgreicher ist die Therapie.

Biometer mit der EyeSuite Myopia, auf dem die physiologische Wachstumskurve des Auges in Grün dargestellt ist. Diese Kurve dient als Orientierung für die Einleitung der Therapie und als Therapieziel. © Haag Streit

Webinar zum Myopiemanagement für Patienten, Eltern und praktizierende Fachleute

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In diesem Webinar (Stand 05/2023) erläutert Prof. Dr. Hakan Kaymak die verfügbaren Therapieoptionen der Myopie bei Kindern und die Rolle der Biometrie als neuer Goldstandard in der Myopiebehandlung. Er beschreibt weiterhin wie die Behandlung mit dem Lenstar und dem AMMC Programm einfach und wirksam gesteuert werden kann. – Das Webinar ist in englischer Sprache und richtet sich an Patienten, Eltern und praktizierende Fachleute.

Fachvortrag von Prof. Dr. Kaymak zur Myopiebehandlung

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Anlässlich der Helmholtztage an der Augenklinik des UniversitätsKlinikums Heidelberg (11/2020) hielt Prof. Dr. Kaymak den nebenstehenden Fachvortrag. Darin präsentiert er die neuesten Forschungsergebnisse über die Ursachen und neue Therapien zur Behandlung von Kurzsichtigkeit bei Kindern. Prof. Dr. Kaymak hat ihn mit mündlichen Erläuterungen ergänzt. Dadurch wird die Präsentation auch für Laien verständlich. Schauen Sie doch einmal rein.

  • Teaserfoto Kurzsichtigkeit bei Kindern

    Ursachen von Kurzsichtigkeit

    Kurzsichtigkeit entsteht, wenn der Augapfel zu lang ist. Lichtstrahlen, die ins Auge fallen, bilden dann ihren Brennpunkt nicht genau auf der Netzhaut, sondern davor und führen zu einem unscharfen Bild. Bei Kindern können wir mit modernen Therapien und mehr Tageslicht das Längenwachstum des Auges eindämmen, um Spätfolgen wie Netzhautablösung vorzubeugen.

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  • Teaserfoto Miyosmart Brillenglas

    MiYOSMART Brillenglas

    Miyosmart Brillengläser mit DIMS-Technologie sind ein effektives und nicht-invasives Mittel, um Kurzsichtigkeit zu korrigieren und gleichzeitig deren Fortschreiten einzudämmen.

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  • Teaserfoto Augentropfentherapie bei Kurzsichtigkeit

    Atropin-Augentropfentherapie

    Neue Atropin-Augentropfentherapie für kurzsichtige Kinder.

    • geringe Atropin-Dosierung
    • verzögert das Fortschreiten der Myopie
    • kaum Nebenwirkungen

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Weiterführende Fachliteratur

Emmetropes Augenlängenwachstum als Therapieziel der Myopieversorgung [Emmetropic eye growth as treatment goal for myopia management]

Kaymak H, Graff B, Neller K, Langenbucher A, Seitz B, Schwahn H. Ophthalmologe. 2022 May;119(5):528-529. German. doi: 10.1007/s00347-021-01569-0. Epub 2022 Jan 26. PMID: 35080638

Stellungnahme von DOG, BVA und BG zur progredienten Myopie im Kindes- und Jugendalter. — PDF, 261.18 kB >

der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, der Bielschowsky Gesellschaft für Schielforschung und Neuroophthalmologie und des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands. Empfehlungen bei progredienter Myopie im Kindes- und Jugendalter. Stand: Juni 2022

Defocus Incorporated Multiple Segments (DIMS) spectacle lenses slow myopia progression: a 2-year randomised clinical trial.

Lam CSY, Tang WC, Tse DY, Lee RPK, Chun RKM, Hasegawa K, Qi H, Hatanaka T, To CH. Br J Ophthalmol. 2020 Mar;104(3):363-368. doi: 10.1136/bjophthalmol-2018-313739. Epub 2019 May 29. PMID: 31142465; PMCID: PMC7041503.

Optometrische Schulreihenuntersuchungen [Optometric eye screening in schools : First results of a pilot project on logistical feasibility.] — PDF, 1.1 MB >

(1) Kaymak H, Neller K, Funk S, Langenbucher A, Seitz B, Schwahn H. Ophthalmologe. 2021 May 3. doi: 10.1007/s00347-021-01394-5. Online ahead of print. PMID: 33938995 German Zum Artikel.

Five-Year Clinical Trial on Atropine for the Treatment of Myopia 2: Myopia Control with Atropine 0.01% Eyedrops.

Chia A, Lu QS, Tan D., Ophthalmology. 2016 Feb;123(2):391-9. doi: 10.1016/j.ophtha.2015.07.004. Epub 2015 Aug Abstract

Parental history of myopia, sports and outdoor activities, and future myopia.

Jones LA, Sinnott LT, Mutti DO, Mitchell GL, Moeschberger ML, Zadnik K., Invest Ophthalmol Vis Sci. 2007; 35:24-32

Wirkung von Dopaminagonisten und Atropin auf den retinalen Dopaminstoffwechsel und die experimentell induzierte Kurzsichtigkeit beim Haushuhn.

Kaymak H, Dissertation, Tübingen 1999