Ein neues Konzept misst die Wirksamkeit der Myopiebehandlung bei Kindern

Heute stehen verschiedene Behandlungen zur Verfügung, um ein Fortschreiten der Kurzsichtigkeit bei Kindern einzudämmen, z.B. spezielle DIMS-Brillengläser oder Augentropfen. Deren Wirksamkeit war bisher nicht eindeutig zu bewerten. Prof. Dr. Kaymak und sein Team haben nun in Kooperation mit der Firma Haag-Streit ein Konzept entwickelt, mit dem der Therapieerfolg gemessen und die optimale Behandlung für ein Kind gefunden werden kann. Es orientiert sich an altersangepassten Wachstumskurven und ist in der Praxis mithilfe einer Software sehr einfach anzuwenden.

Kurzsichtigkeit (Myopie) bei Kindern nimmt weltweit zu. Vor allem hohe Kurzsichtigkeit schränkt nicht nur die Lebensqualität erheblich ein, sie erhöht auch das Risiko für viele Augenerkrankungen wie grünen Star, grauen Star und Netzhauterkrankungen. Deshalb ist es wichtig, betroffene Kinder möglichst frühzeitig zu erkennen und die Progression der Kurzsichtigkeit so effizient wie möglich zu bremsen.

Portrait von Prof. Dr. Hakan Kaymak

Wenn Eltern nach dem Erfolg der Myopietherapie fragten oder danach, wie lange ihr Kind noch in Behandlung sein wird, gab es bisher keine eindeutige Antwort. Mit dem neuen Konzept haben wir erstmals die Möglichkeit, unsere Therapien zur Kontrolle der Myopie zu überwachen.

Prof. Dr. Hakan Kaymak

Wie finden wir die optimale Behandlung für ein kurzsichtiges Kind?

Das menschliche Auge wächst stetig von der Geburt bis zum späten Jugendalter – von einer hohen Rate in der frühen Kindheit bis zu einer viel niedrigeren Rate im Jugendalter. Bei normalsichtigen (emmetropen) Menschen liegt das axiale Augenwachstum innerhalb eines genetischen Korridors. Mit anderen Worten: Das Wachstumsmuster normalsichtiger Augen entspricht dem physiologischen Wachstum des Auges. Folgt das axiale Wachstum des Auges eines Kindes genau dieser Wachstumskurve, wird das Auge emmetrop bleiben oder werden.

Wir definieren das physiologische Augenwachstum als Therapieziel der Myopiekontrolle.

Prof. Dr. Kaymak

Im Gegensatz dazu wird die fortschreitende Myopie durch ein verstärktes Augenwachstum verursacht, bei dem das Auge schließlich zu lang wird, so dass die Netzhaut keine scharfen Bilder von weit entfernten Objekten mehr abbilden kann. Prof. Kaymak und sein Team gehen davon aus, dass die Wachstumsrate von Myopen höher ist als das zugrunde liegende physiologische Wachstum von normalsichtigen Kindern. Sie definieren daher das physiologische Wachstum als Therapieziel für die Behandlung der Myopie.

Biometer von Haag Streit mit Myopia controll software.
Biometer mit der EyeSuite Myopia, auf dem die physiologische Wachstumskurve des Auges in Grün dargestellt ist. Diese Kurve definiert das Therapieziel. © Haag Streit

Das neue Konzept nennt sich „Age-Matched Myopia Control“ (AMMC) was soviel bedeutet wie altersangepasste Myopiekontrolle.„Die altersangepasste Myopiekontrolle ist zuverlässig und universell, da sie das gesamte gemessene Augenwachstum mit den normativen Werten eines durchschnittlichen normalsichtigen Kindes desselben Alters in Beziehung setzt,“ erläutert Prof. Dr. Kaymak. Je mehr sich die individuellen Wachstumskurven kurzsichtiger Kinder dieser Kurve nähern, desto erfolgreicher ist die Therapie.

Trotz geringer Abweichungen zwischen Mädchen und Jungen ist die physiologische Wachstumskurve der Augen universell. Das gilt übrigens ebenso für die Augen normalsichtiger europäischer und asiatischer Kinder, wobei es tatsächlich nur wenige normalsichtige Kinder in Asien gibt.

Wann sollte mit der Myopiebehandlung begonnen werden?

Auch diese Frage sollte anhand der Messung der Achsenlänge beurteilt werden. Wenn bei der Erstuntersuchung die Achsenlänge eines Auges größer ist als die durchschnittliche Achsenlänge einer altersgleichen Gruppe von Kindern, die weiterhin emmetrop sind, sollte eine Myopietherapie in Erwägung gezogen werden. Diese Erstuntersuchung zur Einleitung einer Therapie kann mit der EyeSuite Myopia von Haag-Streit durchgeführt werden.

Die Vorteile der Zieldefinition aus der Sicht von Kindern und Eltern

Kinder und deren Eltern kennen bereits ähnliche Wachstumskurven, die sogenannten Perzentilenkurven, in die die Messdaten von Gewicht und Wachstum ihres Kindes eingetragen und mit den Normwerten der jeweiligen Altersstufe verglichen werden können. Indem wir uns bei der Zieldefinition an den Wachstumskurven der Augen normalsichtiger Kinder gleichen Alters orientieren, erhalten Kinder und ihre Eltern verständliche und hilfreiche Informationen über den aktuellen Stand der Therapie und sind eher zur Mitarbeit motiviert.

Mehr dazu lesen Sie in diesem Artikel von Prof. Dr. Hakan Kaymak