Peripheral image quality in pseudophakic eyes.
Togka KA, Livir-Rallatos A, Christaras D, et al. In: Biomed Opt Express. 2020;11(4):1892‐1900. Published 2020 Mar 11. doi:10.1364/BOE.387254; PMID: 32341855
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Wenn die Sehqualität durch einen grauen Star beeinträchtigt wird, ist die Implantation von Kunstlinsen eine bewährte Behandlung, die wieder für klare Sicht sorgt. Beim optischen Design von Kunstlinsen wurde bisher primär die Sehqualität im zentralen Gesichtsfeld beachtet. Eine im Mai 2020 im Biomedical Optics Express erschienene Publikation einer Studiengruppe untersucht nun, wie Menschen nach ihrer Kataraktoperation in der Peripherie des Gesichtsfeldes sehen. Sie legt nahe, dass dem peripheren Sehen mehr Beachtung geschenkt werden sollte.
Wenn wir uns auf eine Aufgabe konzentrieren, nehmen wir Menschen und Bewegungen außerhalb unseres Blickfeldes ähnlich unscharf wahr wie auf diesem Foto.
Auf der Netzhaut (2, in der Grafik gelb), die das Innere unseres Auges hinter dem Glaskörper (1) auskleidet, befinden sich zwei verschiedene Arten von Sehzellen, mit denen die Sinneseindrücke des Auges aufgenommen, über den Sehnerv (4) an das Sehzentrum im Gehirn weitergeleitet und dort verarbeitet werden. Diese Sehzellen nennen sich Stäbchen und Zapfen.
Das zentrale Sehen übernehmen die rund 6 bis 7 Millionen Zapfen, die in der Netzhautmitte, der Makula (3), konzentriert sind. Sie ermöglichen das hoch aufgelöste Sehen im Fokus, das Tagessehen (photopische Sehen), Farbsehen, das Sehen in verschiedenen Entfernungen und damit auch das räumliche Sehen.
Den weitaus größeren Sehbereich in der Peripherie decken die rund 110 bis 125 Millionen Stäbchen außerhalb der Makula ab. Mit ihnen können wir zwischen hell und dunkel unterscheiden, sehen aber nur verschwommen. Diese Eindrücke werden dafür deutlich schneller vom Gehirn verarbeitet, sodass wir Bewegungen außerhalb unseres zentralen Blickfeldes sofort wahrnehmen.
Das zentrale Sehen und das periphere Sehen arbeiten Hand in Hand. Während wir etwas fokussieren, scannt das Auge kontinuierlich das umliegende Blickfeld, um z.B. Gefahren zu erkennen. Unterbewusst nehmen wir sogar die Absichten von Menschen wahr, die sich uns nähern. Erregt etwas in der Peripherie unsere Aufmerksamkeit, wird instinktiv auf das zentrale Sehen umgeschaltet, um es zu fokussieren. Das periphere Sehen ist daher für viele Aufgaben wichtig, z.B. um Bewegungen und ihre Richtung wahrnehmen, beim Autofahren, Radfahren und bei vielen Sportarten. Man kann es sogar trainieren. Im täglichen Leben hilft es uns auch bei einfacheren Aufgaben, z.B. um Gitter, Treppen oder andere Strukturen unterbewusst zu registrieren.
Die Studiengruppe hat mithilfe eines Augenmodells nachempfunden, wie ein Auge mit einer Kunstlinse sieht. Dabei wurde berücksichtigt, dass zurzeit die meisten Kunstlinsen kleiner sind als die natürliche Augenlinse und primär die Sehqualität im Sehzentrum optimieren. In der Peripherie kann es zu Abbildungsfehlern höherer Ordnung kommen – wie z.B. einem Astigmatismus, bei dem Punkte als Linien erscheinen. Diese Abbildungsfehler wurden auch an gesunden Probanden mit Brillengläsern simuliert und im Rahmen von Tests auf ihre Wirkung hin untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass die meisten monofokalen Intraokularlinsen die Fähigkeit beeinträchtigen, kleinere Objekte in der Peripherie wahrzunehmen. Das könnte sich negativ auswirken auf die Orientierung und natürlich beim Fahren mit dem Auto, Fahrrad etc..
Bei der Auswahl von Kunstlinsen sollte demnach die Sehqualität außerhalb des zentralen Gesichtsfeldes ebenfalls berücksichtigt und in die Liste der Auswahlkriterien einbezogen werden. Das Ergebnis der Studie ist aber noch kein Grund, von einer Operation Abstand zu nehmen, weil der Austausch der Linse gegen eine Kunstlinse die Sicherheit beim Fahren erwiesenermaßen erhöht, weil die Sehqualität mit der getrübten Augenlinse deutlich schlechter ist. Mehr dazu lesen Sie in diesem Blogbeitrag.
Togka KA, Livir-Rallatos A, Christaras D, et al. In: Biomed Opt Express. 2020;11(4):1892‐1900. Published 2020 Mar 11. doi:10.1364/BOE.387254; PMID: 32341855
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